Das Gewandhausorchester ist das älteste bürgerliche Sinfonieorchester der Welt. Keimzelle des Orchesters war die 1743 von 16 Adligen und Bürgern gegründete Konzertgesellschaft »Das Große Concert«. Mit dem Umzug in die Gewerbehalle der Tuchmacher im Jahre 1781 erhielt das Ensemble seinen ersten hochwertigen Konzertsaal und den Namen »Gewandhausorchester«.
Berühmt ist das Orchester vor allem für seinen unverwechselbaren warmen und dunklen Klang, der es von vielen anderen großen Orchestern deutlich abhebt. Diese singuläre Klangfarbe und die breite Repertoire-Vielfalt kultiviert das Orchester bei nahezu 300 Auftritten jährlich in seinen drei Leipziger Spielstätten: Es ist das Konzertorchester des Gewandhauses, das Orchester der Oper Leipzig und das Ensemble, das wöchentlich in der Thomaskirche die Bach-Kantaten gemeinsam mit dem Thomanerchor gestaltet.
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Gewandhausorchester
Gewandhaus zu Leipzig Augustusplatz 8 D-04109Leipzig
Sonst so mitteilsam, lässt uns Mahler über konkrete Weltbezüge seiner 7. Sinfonie im Dunkeln. Zwei der fünf Sätze führen die Nacht im Titel, ein dritter ist »Schattenhaft« überschrieben. Ihm schwebten bei den Nachtmusiken Eichendorffsche Visionen vor, behauptet Alma. An Rembrandt habe Mahler gedacht, will sein niederländischer Freund Alphons Diepenbrock wissen, der mit Mengelberg und Mahler Museen durchstreifte. Und fügt hinzu: Er sagt übrigens jedes Mal etwas anderes.
FERN
Das Ohr hat sich nur in der Nacht dunkler Wälder und Höhlen so reich entwickeln können: im Hellen ist das Ohr weniger nötig. Daher der Charakter der Musik als einer Kunst der Nacht, verdichtet Nietzsche 1881 eine spätromantische Ahnung zum Aphorismus. Dunkelheit lehrt lauschen und macht empfänglich für die leisen Klänge zartbesaiteter Instrumente wie der Gitarre und Mandoline, die der Mozart-Kenner Mahler so subtil als Reverenz an nächtliche Ständchen-Szenen einbindet. Sie sind keinesfalls die einzigen obskuren Gäste im Orchester: Ein Tenorhorn eröffnet »mit großem Ton«, und aus weiter Ferne klingen Herdenglocken herüber. Hierzu ließ sich Mahler doch Worte entlocken, wie von Proben zur Münchner Erstaufführung berichtet wird: Jene Stelle seines Werkes erscheint ihm, als ob er auf dem höchsten Gipfel im Angesicht der Ewigkeit stehe. Wie dem auf Bergeshöhe Wandelnden als letzter Gruß lebendiger Wesen nur noch der verklingende Ton fern weidender Herden herauftönt, so erscheint ihm auch jener Klang als einzig geeignet zur Symbolisierung weltferner Einsamkeit.
Gewandhausorchester
Andris Nelsons, Dirigent
MDR-Rundfunkchor
Kelley O'Connor, Mezzosopran
Thomas Adès: America (A Prophecy) op. 19 – Erweiterte Fassung
(Uraufführung, Auftragswerk des Gewandhausorchesters, des Cleveland Orchestra und Hallé Orchestra Manchester)
Gustav Holst: Die Planeten – Suite für großes Orchester op. 32
FROHE BOTSCHAFT?
Als Thomas Adès 1999 mit America – A Prophecy den Auftrag Kurt Masurs für New York Philharmonic erfüllte, war er selbst überrascht, wie düster ihm die Musik geriet. Keine heroische Vision einer stolzen Nation floss ihm aus der Feder, sondern ein verzweifelter Aufschrei im Angesicht der Apokalypse. Masur, der einen optimistischen Beitrag zur Reihe musikalischer »Messages for the Millenium« erhofft hatte, stockte der Atem. Gewaltiger Erfolg bei Publikum und Presse zeigte: Der 27 Jahre junge Komponist und sein kühner Premierendirigent trafen einen Nerv der Zeit. Mit den Terroranschlägen des 11. September 2001 schien die Prophecy von Adès’ Orchesterwerk schließlich auf verstörende Weise Realität zu werden. Seitdem ringt Adès mit einem dritten, ins Positive gewandten Teil. Kann das dieser Tage gelingen? Die krisengeschüttelte Welt hätte es nötiger denn je.
STERNSTUNDE
Weniger astronomische als astrologische Phänomene hatte der Mädchenschullehrer, Wochenendkomponist und Hobbysterndeuter Holst im Sinn, als er den Teilen seiner großartigen Orchestersuite Planetennamen verlieh. Sieben Sätze umfasst der Zyklus: Im Zentrum strahlt die fulminante Klangpracht Jupiters, des größten Planeten unseres Sonnensystems. Um ihn kreisen der infernalisch aufmarschierende Mars – komponiert kurz vor Ausbruch des 1. Weltkriegs – und die betörende Venus. Dem eilig dahinhuschenden Merkur folgen Saturn, der mit Harfe, Heckelphon, Altflöte und Glocken überrascht, der bezaubernde Uranus und der sonnen- und erdferne Neptun. In dessen mystische Musik mischen sich menschliche Stimmen und beschwören wortlos den Zustand kosmischer Harmonie.
Termine
Do 19.12.2024, 19:30 | Ticket
Fr 20.12.2024, 19:30 | Ticket
Ort
Gewandhaus zu Leipzig
Großer Saal Augustusplatz 8
D-04109 Leipzig
Gewandhausorchester
Chor der Oper Leipzig
GewandhausChor
GewandhausKinderchor
Andris Nelsons, Dirigent
Emily Magee, Sopran
Gerhild Romberger, Alt
Werner Güra, Tenor
Ain Anger, Bass
Ludwig van Beethoven: 9. Sinfonie d-Moll op. 125
WIE WAR DAS ALTE?
Allegro ma non troppo, vielleicht un poco maestoso? D-Dur oder d-Moll? Mit Pauken und Trompeten oder in homogenem Streicherklang? Sotto voce oder fortissimo? Zu oft da capo und ermüdend viele Wiederholungen? Scharf punktiert oder weich gebunden? Mit harschen Akzenten oder in stetigem crescendo? Sprangen wir im staccato umher oder gab es gelegentliche ritardandi und Generalpausen? Hielten solo-Einsätze und tutti-Gemeinschaft einander die Waage? War für espressivo und dolce gesorgt? Folgte auf molto vivace ein Adagio molto e cantabile, auf morendo ein animato? Verklingt es leise oder mit rauschender Schluss-Stretta? Wie 2024 auch gewesen sein mag: Mit der Neunten geht es gut aus.
WIE WIRD DAS NEUE?
Sempre stringendo womöglich – oder più piano? Leise summend im Bass oder in himmelhoher Soprankoloratur? Werden wir die alten Töne hinter uns lassen und neue, freudenvollere anstimmen? Klinken wir uns ins Fugato eines Chores ein, oder stürmen wir alla Marcia voraus? Dominiert dumpf die Große Trommel oder gellt schrill die Piccoloflöte? Fühlen wir uns feuertrunken oder von sanften Flügeln getragen? Niederstürzend oder nach den Sternen greifend? Wie 2025 auch werden wird: Mit der Neunten beginnt es besser.
Termine
So 29.12.2024, 19:30 | Ticket
Mo 30.12.2024, 19:30 | Ticket
Di 31.12.2024, 17:00 | Ticket
Ort
Gewandhaus zu Leipzig
Großer Saal Augustusplatz 8
D-04109 Leipzig
Gewandhausorchester / Antonio Pappano / Igor Levit
Gewandhausorchester
Antonio Pappano, Dirigent
Herren des MDR-Rundfunkchores und des GewandhausChores
Igor Levit, Klavier
Ferruccio Busoni: Konzert für Klavier und Orchester C-Dur op. 39
WEITER HORIZONT
In Busonis Berliner Wohnung stapelten sich über 5000 wertvolle Bände, die der Universalgelehrte auf Konzertreisen sammelte und verschlang, wenn er nicht gerade Museen besuchte. Er war befreundet mit Dichtern wie Rilke und Zweig, der die Haltung des Pianisten auf den Punkt brachte: Er lauscht sich selber im Spiel. Star-Gehabe war Busoni fremd, doch seine Ausstrahlung und Bühnenpräsenz müssen einmalig gewesen sein. Alle großen Werkzyklen beherrschte der Lehrer einer ganzen Pianisten- und Komponistengarde auswendig und entfaltete nebenbei als Herausgeber und Autor bewundernswerte Produktivität.
LEIPZIGER NETZWERK
Brahms hatte den jungen Künstler nach Leipzig empfohlen, und 1886 ließ sich Busoni erneut hier nieder. Die meisten seiner Werke erschienen bei Leipziger Verlagen, hier lernte er Tschaikowski und Grieg kennen, schloss Freundschaft mit Mahler und dem Gewandhaus-Konzertmeister Henri Petri. Auf Anregung von dessen Frau beschäftigte sich Busoni erstmals mit Bach-Transkriptionen und blieb lange Stammgast im Gewandhaus, das sich einer Busoni-Uraufführung rühmen darf.
UMWERFEND
Überraschend wenig konzertante Werke für Klavier und Orchester hat Busoni komponiert, kein einziges Konzert im traditionellen Sinn. In das monumentale fünfsätzige Concerto op. 39, dessen Uraufführung Busoni am 10. November 1904 in Berlin als Solist bestritt, flicht am Ende ein sechsstimmiger Männerchor aus dem Off deutsche Naturmystik-Dichtung in den opulenten Orchestersatz ein. Von befremdeten Reaktionen ließ sich Busoni nicht beirren: Kritik ist wie eine Strandwelle, die den Menschen umzuwerfen vermag; aber die Welle zerschellt und der Mensch richtet sich wieder auf.
Termine
Do 16.1.2025, 19:30 | Ticket
Fr 17.1.2025, 19:30 | Ticket
So 19.1.2025, 11:00 | Ticket
Ort
Gewandhaus zu Leipzig
Großer Saal Augustusplatz 8
D-04109 Leipzig
Gewandhausorchester / Cristian Măcelaru / Rudolf Buchbinder
Gewandhausorchester
Cristian Măcelaru, Dirigent
Rudolf Buchbinder, Klavier
Franz Liszt: Orpheus – 4. Sinfonische Dichtung S 98
Ludwig van Beethoven: 4. Konzert für Klavier und Orchester G-Dur op. 58
Franz Liszt: Sonate h-Moll S 178 (Bearbeitung für Orchester von Leó Weiner)
Franz Liszt: Prometheus – 5. Sinfonische Dichtung S 99
OLYMPKADER MIT FACKELTRÄGER
Ihre Namen sind Musik: Orpheus, der mit Saitenspiel selbst die Grenze zum Tod überwindet, und Prometheus, der die Menschen mit Kunst beseelt und befeuert. Schönheit schenkt der eine, Wahrheit der andere; Orpheus bezwingt das Gefühl, Prometheus bringt Erkenntnis. Liszt schenkt dem ungleichen Paar je eine Tondichtung. Orpheus betört mit seiner Harfe; selige Bläsermelodien und verklärte Violinsoli beschwören das Ideal des Wohlklangs. Prometheus hingegen begehrt mit wildem Tremolo und Fortissimo gegen die Götterwelt auf. Stechende Dissonanzen lassen ahnen, welche Schmerzen er für seinen Ungehorsam erdulden muss.
ORPHEUS-CONCERTO MIT PROMETHEUS-POWER
Beethoven fand sich in der antiken Gestalt wieder und widmete Prometheus Ballettmusik, ein Sinfoniefinale und Klaviervariationen. Ob der Mittelsatz seines 4. Klavierkonzerts von Orpheus inspiriert ist? Im Englischen trägt dieses letzte Konzert, das Beethoven selbst zur Uraufführung brachte, den Namen des legendären Sängers. Vier Monate nach der Wiener Premiere erklang es bereits im Gewandhaus, wo es zu einem Lieblingswerk wurde und Virtuosen wie Mendelssohn, Clara Schumann, Brahms, Rubinstein, Saint-Saëns in die mutmaßliche Orpheus-Rolle schlüpften.
PARNASS MIT BERGWERTUNG
Ungarns Mendelssohn wurde der Romantik-Schwärmer Leó Weiner genannt. Der Liszt-Stipendiat hatte an der Liszt-Akademie in Budapest studiert und fühlte sich noch als 70-Jähriger dem 70 Jahre zuvor verstorbenen Liszt verbunden. Zum Liszt- Jubiläum 1956 und zur Taufe des Liszt-Konservatoriums in Weimar arrangierte Weiner dessen h-Moll-Sonate kongenial für Orchester. Aus der wichtigsten, originellsten, gewaltigsten und intelligentesten Sonatenkomposition nach Beethoven wurde – so Alfred Brendel – das beste Orchesterwerk von Liszt.
Termine
Do 23.1.2025, 19:30 | Ticket
Fr 24.1.2025, 19:30 | Ticket
Ort
Gewandhaus zu Leipzig
Großer Saal Augustusplatz 8
D-04109 Leipzig
Max Reger: Vier Tondichtungen nach Arnold Böcklin op. 128
Robert Schumann: Konzert für Violoncello und Orchester a-Moll op. 129
Richard Strauss: Also sprach Zarathustra – Tondichtung frei nach Friedrich Nietzsche op. 30
ALSO SCHWIEG ZARATHUSTRA
... und Böcklin legte den Pinsel beiseite. Strauss’ Tondichtung ist von solcher Ausdruckskraft, dass selbst der wortgewaltige Nietzsche sprachlos lauscht; Formen- und Farbenreichtum von Regers Klanggemälden lassen Böcklins Palette verblassen. Dabei standen die Gemälde des Schweizers im späten 19. Jahrhundert und über seinen Tod 1901 hinaus hoch im Kurs. Klinger und Hofmannsthal, Brahms und Busoni verehrten ihn. Vor Reger hatten sich bereits 20 Komponisten auf Motive Böcklins bezogen; allein 10 musikalische Werke widmen sich der in verschiedenen Varianten verbreiteten Toteninsel, die auch im Leipziger Museum der bildenden Künste zu besichtigen ist und früh in Reproduktionen Verbreitung fand. Reger widmet ihr die dritte Tondichtung, gefolgt vom Finale nach Böcklins Bacchanal. Der Geigende Eremit und das Spiel der Wellen eröffnen den Zyklus von 1913.
LEBENSRAUM CELLO: FROSCH, MAIKÄFER, WOLF
Als 1901 Strauss’ Zarathustra und 1918 Regers Böcklin-Suite unter Arthur Nikisch ihre Gewandhaus- Premiere erlebten, führte der legendäre Julius Klengel die Cellogruppe an. Reger eignete dem Konservatoriumsprofessor und Kammermusikpartner Werke zu und setzte ihm einen Maikäfer durchs F-Loch ins Cello, worauf Klengel bei einem anderen Konzert in Regers Klavierpart eine Notenseite mit der nackten Schönheit aus einer Illustrierten überklebte. In ernster Verfassung spielte Klengel im Gewandhaus-Quartett, trat vielfach im Großen Concert als Solist auf – dreimal mit Schumanns Violoncello-Konzert – und zog als Lehrer am Konservatorium Studenten aus aller Welt an, darunter ab 1924 Rudolf Metzmacher, den Vater des Dirigenten Ingo Metzmacher, nach dessen Ausgabe Schumanns Konzert noch heute musiziert wird. Klengels Instrument spielt nun – meistens ohne mitbrummenden Maikäfer – sein amtierender Nachfolger im Gewandhausorchester und -Quartett Valentino Worlitzsch.
Termine
Do 30.1.2025, 19:30 | Ticket
Fr 31.1.2025, 19:30 | Ticket
Ort
Gewandhaus zu Leipzig
Großer Saal Augustusplatz 8
D-04109 Leipzig
Das Gewandhausorchester ist das älteste bürgerliche Sinfonieorchester der Welt. Keimzelle des Orchesters war die 1743 von 16 Adligen und Bürgern gegründete Konzertgesellschaft »Das Große Concert«. Mit dem Umzug in die Gewerbehalle der Tuchmacher im Jahre 1781 erhielt das Ensemble seinen ersten hochwertigen Konzertsaal und den Namen »Gewandhausorchester«.
Berühmt ist das Orchester vor allem für seinen unverwechselbaren warmen und dunklen Klang, der es von vielen anderen großen Orchestern deutlich abhebt. Diese singuläre Klangfarbe und die breite Repertoire-Vielfalt kultiviert das Orchester bei nahezu 300 Auftritten jährlich in seinen drei Leipziger Spielstätten: Es ist das Konzertorchester des Gewandhauses, das Orchester der Oper Leipzig und das Ensemble, das wöchentlich in der Thomaskirche die Bach-Kantaten gemeinsam mit dem Thomanerchor gestaltet.
Kontakt
Gewandhaus zu Leipzig
Augustusplatz 8
D-04109 Leipzig