SWR Donaueschinger Musiktage
Forum Neuester Musik
Der einsam in seinem Atelier komponierende Künstler, der die Partitur erst in endgültiger Gestalt an die Interpret:innen übergibt – diese Vorstellung ist noch allzu verbreitet. Die heutige Landschaft der zeitgenössischen Musik wird hingegen entscheidend von kollaborativen Arbeitspraktiken im Sinne einer »distributed creativity« geprägt. Sie erfordern eine Neukonzeption nicht nur der Rolle von Komponist:innen und Musiker:innen, sondern auch von Räumen und Zuhörer:innen, die alle zur Erfahrung beitragen. Dabei spielt Improvisation häufig eine zentrale Rolle und lässt die Unterscheidung zwischen Komposition und Aufführung teilweise irrelevant werden. Die diesjährigen Donaueschinger Musiktage widmen sich diesen Entwicklungen und stellen künstlerische Zusammenarbeiten unterschiedlichster Ausprägungen ins Zentrum. Der Titel betont die Verlagerung der künstlerischen Arbeit und die Schaffung eines Labors: collaboration.
Erstmals wird die Orangerie zum Ort zweier Klanginstallationen und bildet gemeinsam mit dem Museum Art.Plus und dem Fischhaus das Klangkunstzentrum in der Mitte der Stadt.
2023 bieten die Musiktage 23 Uraufführungen, von denen etwa 70% von Künstlerinnen stammen; knapp 70% der eingeladenen Komponist:innen sind zum ersten Mal beim Festival präsent. Zahlreiche für 2020 und 2022 geplante Werke, die wegen der Covid-Pandemie verschoben werden mussten, können nun endlich dem Publikum vorgestellt werden.
Lydia Rilling
(Künstlerische Leiterin)